Anleitung zur Überprüfung vor Austausch eines Turboladers
Anlässlich einer routinmäßigen Überprüfung von Abgasturboladern mussten wir feststellen, dass Turbolader ohne ersichtlichen Grund erneuert werden. Bei der Überprüfung der Turbolader wurde von einem unabhängigen Sachverständigen festgestellt, dass 39 % der Lader in Ordnung waren, und kein Austausch notwendig war.
Diese alarmierenden Zahlen haben uns dazu bewegt, eine simple Vorprüfung zu entwickeln, die vor Austausch eines jeden Turboladers vorzunehmen ist.
Wissenswertes über den Turbolader
Der Turbolader ist eines der Motorbauteile, das extrem starken Belastungen standhalten muss, auf der Turbinenseite höchste Temperaturen, auf der Verdichterseite niedrigste Temperaturen und das bei Drehzahlen bis 200.000/min oder sogar mehr.
Schädlichste Beanspruchung für einen Turbolader ist das Hochjagen des Motors direkt nach Kaltstart. Da noch kein Öldruck an allen zu schmierenden Stellen vorliegt, kann dies zu Kaltlaufschäden am Lader führen.
Eine weitere Höchstbeanspruchung liegt dann vor, wenn der Motor nach langen Fahrten mit hoher Geschwindigkeit abrupt abgestellt wird, z. B. Anfahren einer Raststätte nach Highspeedfahrt und sofortigem Abstellen des Motors! In diesem Fall kann es zu einer Verkokung von Motoröl an der Laderwelle kommen, d.h. die Welle frisst sich fest. Man sollte den Motor vor dem Abstellen ca. 30 Sekunden im Stand laufen lassen, damit wird eine Abkühlung des Laders erzielt, die einer Verkokung vorbeugt.
Beide oben geschilderten Situationen lassen sich bei einer sachgemäßen Bedienung vermeiden, weisen Sie Ihre Kunden auch bei der Übergabe eines Fahrzeugs darauf hin.
Diese Prüfungen sind vor dem Austausch eines Turboladers durchzuführen, sie betreffen auch das Umfeld, was die Ursache für einen vermeintlichen Defekt sein kann.
Allgemeines
Ein Schmierfilm im Bereich des Ansaugluftsystems und des Turboladergehäuses ist normal. Auch kann es an tiefer gelegenen Stellen im Luftsystem, z.B. Ladeluftkühler zu Ölansammlungen kommen.
Erklärung
Öldämpfe werden über die Motorentlüftung vom Motor abgesaugt. Die Öldämpfe kondensieren teilweise im kälteren Luftsystem und führen an tiefen Stellen zu einer Ansammlung.
Mögliche Ursachen, die zu einem Ölverlust führen:
- Ein verstopfter Luftfilter kann einen Ölaustritt am Verdichtergehäuse hervorrufen.
- Verstopfte oder undichte Ansaug- und Abgasleitungen
- Ein defekter Motor, Druckverlust ins Kurbelgehäuse (starker Überdruck im Kurbelgehäuse)
- Verstopfte oder abgeknickte Ölrücklaufleitungen
Erklärung:
Bei verstopftem Filter entsteht im Ladedruckbereich ein starker Unterdruck, der das Öl über die verdichterseitige Abdichtung saugt.
Ein defekter Motor, das heißt Überdruck in der Ölwanne, führt zu einem Aufschäumen des Motoröls, und der Ölabscheider ist aufgrund des hohen Drucks nicht in der Lage, seine Aufgabe korrekt zu erfüllen. Eine geknickte oder durch Dichtungsmaterial verstopfte Ölrücklaufleitung führt zu einem Ölstau mit Ansteigen des Öldrucks, als Folge wird Öl durch die Abdichtungen gedrückt
Folgende allgemeine Kontrollen sind durchzuführen:
- Luftfilter, Luftschläuche
- Motorentlüftung
- Druckverlustprüfung
- Ölrücklaufleitung
Bei Verdacht auf Geräusche oder mechanische Defekte sind weitere Kontrollen am Turbolader durchzuführen.
Das Komplette Abgas- und Ansaugsystem ist auf Undichtigkeit, Verstopfung und Fremdkörper zu prüfen.
Den Luftschlauch vom Lader abnehmen und das Spiel der Welle prüfen:
- Grundwert beim Radialspiel = 0,1- 0,3 mm
- Grundwert Axialspiel kaum spürbar = 0,05 mm
Das Radialspiel hängt von der Größe des Turboladers ab. Als Hilfsmittel kann man eine Grenzfühllehre (Ventileinstelllehre) von 0,1 mm bis 0,2 mm zwischen der Verdichterradschaufel und dem Verdichtergehäuse einführen, um das Spiel zu prüfen.
Wichtig: das Radialspiel verschwindet erst, wenn die Welle mit Öldruck beaufschlagt wird, bei laufendem Motor, da sie auf einem Ölkeil aufschwimmt.
Das Verdichterrad soll nicht am Gehäuse schleifen und die Welle muss leicht zu drehen sein.
Das Turbinenrad und das Verdichterrad sollen keine sichtbaren Beschädigungen aufweisen. Auch bei kleinsten Schädigungen ist der Lader auszutauschen, da Folgeschäden aufgrund von Unwuchten sehr groß sein können.
Bei Schäden am Verdichter oder Turbinenrad ist das Ansaug- und Abgassystem auf Fremdkörper zu prüfen, z.B. Kat., Ventile etc.
Weitere Hinweise oder Ergänzungen, die beim Austausch eines Turboladers beachtet werden sollten, entnehmen Sie bitte dem entsprechenden MR. Bitte achten Sie darauf, ob ein Austausch der Ölversorgungsleitung erforderlich ist lt. MR.
- Bevor der Lader ausgetauscht wird, ist ein Ölwechsel mit Filterwechsel durchzuführen.
- Der Ladeluftkühler ist zu reinigen, damit der Motor kein Öl ansaugt.
- Neue Dichtungen sind zu verwenden. Kein flüssiges Dichtmittel verwenden!
- Bei der Montage darauf achten, dass keine Dichtung zerquetscht wird. Richtige Einbaulage und Drehmomente beachten.
- Die Ölversorgung des Turboladers prüfen. Hierfür die
Ölversorgungsleitung des Turboladers abklemmen. Motor kurz starten, ohne dass er anspringt (OT-Geber abklemmen). Hierbei muss Öl gefördert werden. Dabei werden mögliche Verschmutzungen aus der Leitung geschoben.
- Den neuen Lader mit Öl vorfüllen, dann die Ölversorgungsleitung anschließen.
- Den Motor starten, ohne dass der Motor anspringt, so lange, bis Öldruck aufgebaut ist und der Ölkreislauf entlüftet ist.
- Dann den Motor starten und ca. 2 min im Leerlauf warmlaufen lassen. Jetzt langsam die Drehzahl erhöhen, dabei auf Undichtigkeiten achten. Sollte alles in Ordnung sein, eine Probefahrt durchführen.
- Nicht vergessen, den Fehlerspeicher zu löschen.
Quelle Laguna2.de Author Haedy